Hintergrund
Seit 1955 ist die Hochschule Mainz in der Altstadt angesiedelt. Aktuell sind noch die Fachrichtungen Architektur, Bauingenieurwesen, Innenarchitektur und Kommunikationsdesign an zwei Standorten beiderseits der Rheinstraße untergebracht. Diese sollen 2023 auf den Hochschulcampus am Europakreisel ziehen. Am 10. Juni 2020 wird der „erste Spatenstich“ für den Neubau stattgefunden haben.
Für die Hochschule ist die Vereinigung aller Fachrichtungen auf einem gemeinsamen Campus ein Gewinn. Dennoch werden wir die Studierenden und die Mitarbeiterschaft in der Altstadt vermissen. Zugleich birgt ein rund 6000 qm großes innerstädtisches Areal, das frei wird und öffentliches Eigentum ist, großes Potenzial für die Stadtentwicklung.
Beschlusstext
Der Ortsbeirat Mainz-Altstadt sieht jetzt den richtigen Zeitpunkt gekommen, um Ideen für die Zukunft des derzeitigen Hochschulareals zu entwickeln. Wie in keinem anderen Mainzer Stadtteil ist Platz in der Altstadt knapp. Nun besteht die seltene Chance, die soziale Infrastruktur auszubauen:
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1. Kindergarten: Das Hochschulareal bietet Raum für eine Kindertagesstätte – sogar mit eigenem Außengelände. Die Verwaltung möge daher bitte konkrete Planungen für die Errichtung einer Kita aufnehmen.
2. Kinderhort: Die Altstadt benötigt einen deutlichen Ausbau an Betreuungsplätzen für Kinder am Nachmittag. Sollte dies nicht durch schulische Angebote gelöst werden können, soll die neue Kindertagesstätte mit ausreichend Hortplätzen ausgestattet werden.
3. Grundschule: Wir bitten die Verwaltung, im Rahmen des neuen Schulentwicklungsplans zu prüfen, ob sich der Bedarf an Grundschulplätzen in der Altstadt tatsächlich deutlich erhöht, wie die u. g. Prognose nahelegt. Falls ja, spricht sich der Ortsbeirat für den Bau einer dritten Grundschule in der Altstadt aus. Denn Kinder im Grundschulalter sollen in ihrem Stadtteil zur Schule gehen können und keine langen Fahrwege absolvieren müssen. Die Verwaltung möge dann bitte prüfen, ob im Hochschulareal genug Platz ist, um zugleich Kindertagesstätte und Grundschule zu realisieren.
4. Mehrzweckhalle: Die Hochschule verfügt über eine Aula. Die Verwaltung möge bitte prüfen, ob sie künftig als Halle für Vereinssport, als Aufführungs-/Probesaal (z. B. Orchester, Chöre, Theatergruppen) oder als Begegnungsstätte (z. B. Seniorentreff) geeignet ist.
5. Wohnraum: Als ergänzende Nutzung sprechen wir uns für öffentlich geförderten Wohnraum aus – mietpreisgebunden und möglichst barrierefrei bzw. seniorengerecht.
In einem ersten Sachstandsbericht möge die Verwaltung bitte den aktuellen Informationsstand darlegen: Wurden bereits Gespräche zwischen Stadt, Land und Hochschule aufgenommen? Welche Eigentums- und Vertragsverhältnisse sind zu berücksichtigen? Liegen bereits erste Erkenntnisse über den baulichen Zustand der Gebäude vor? (Ist eine Sanierung einzelner Teile wie z. B. der Aula denkbar?) Welche zeitlichen Horizonte sind bei solchen Projekten realistisch? – Für den Ortsbeirat ist eine frühzeitige und umfassende Bürgerbeteiligung besonders wichtig.
Begründung
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1. Kindergarten: Wie kein anderer Mainzer Stadtteil benötigt die Altstadt mehr Kita-Plätze, vor allem für die Unter-3-Jährigen. Der jüngste Kindertagesstätten-Bedarfsplan der Stadt Mainz (September 2019) sieht die Notwendigkeit, 160 zusätzliche Kita-Plätze (= 10 Gruppen) in der Altstadt bis spätestens 2023 einzurichten. Das entspricht einer Steigerung um rund 40 % gegenüber dem aktuellen Stand. 70 Kita-Plätze (= 4 Gruppen) wurden bzw. werden gerade in einem Interim am Rand der Oberstadt eingerichtet; sie sollen in einigen Jahren in die Neutorschule umziehen (https://www.altstadtSPD.de/413). Für die restlichen 90 Kita-Plätze (= 6 Gruppen) ist seit langem kein Standort in der Altstadt absehbar.
2. Kinderhort: Die beiden Grundschulen der Altstadt sind keine Ganztagsschulen. Zwar wird eine Nachmittagsbetreuung ehrenamtlich durch Fördervereine angeboten (bis 14 Uhr oder 16 Uhr), doch ist der Bedarf nach mehr Plätzen und längeren Zeiten groß (https://www.altstadtSPD.de/394). Der Hort in der Kita Zeughausgasse, der 2019 auf 40 Plätze erweitert wurde, kann die Lücke alleine nicht schließen.
3. Grundschule: Die Zahl der Erstklässler an den Mainzer Grundschulen wird in den kommenden fünf Jahren voraussichtlich um rund 20 Prozent steigen. Es deutet sich an, dass in den innerstädtischen Stadtteilen das Wachstum weit stärker sein wird. Dies geht aus einer (noch vorläufigen) Prognose hervor, die am 11. März 2020 im Schulträgerausschuss vorgestellt wurde.
4. Mehrzweckhalle: Mit Rathaus, Schloss, Rheingoldhalle, Frankfurter Hof und Kulturzentrum liegen zwar wichtige zentrale Institutionen in der Altstadt. Sie besitzt aber kein Bürgerhaus und keine Mehrzweckhalle. Daher haben es Sportvereine und Kulturinitiativen (soweit sie nicht im Haus der Jugend unterkommen können) schwer. Für einen großen Stadtteil mit über 18.000 Einwohnerinnen und Einwohnern verfügt die Altstadt zudem über wenige Sportstätten, die alle dem Schulsport dienen (www.mainz.de/freizeit-und-sport/Sportstaetten.php).
5. Wohnraum: Günstiger Wohnraum ist in ganz Mainz rar. Dies gilt aber besonders in der südlichen Altstadt mit dem Lauterenviertel, in dem das Hochschulareal liegt. Damit auch künftig Familien in der Altstadt bleiben können, ist die Schaffung mietpreisgebundenen Wohnraums unverzichtbar. Da es im Vergleich zu anderen Stadtteilen wenig Gelegenheiten für Neubauten gibt, sollte die Chance für seniorengerechten bzw. barrierefreien Wohnraum ergriffen werden.
Stand: 8. Juni 2020
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