Bleichenviertel / Schlossviertel: Wohnen, Kultur und Kleingewerbe schützen

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Antrag im Ortsbeirat

Hintergrund
Das Bleichenviertel und das Schlossviertel im Norden der Mainzer Altstadt haben sich in den vergangenen Jahrzehnten zu Quartieren entwickelt, die (neben dem Schloss und den Regierungsgebäuden) durch eine attraktive Mischung aus Wohnen, Kultur, Gastronomie, Kreativwirtschaft, Handwerk und kleinen Läden charakterisiert sind. Hier leben und arbeiten Menschen aller Einkommensgruppen zusammen. Es gibt bezahlbaren Wohnraum und Raum für kreative Ideen. Dieser Charakter der beiden Quartiere ist zu erhalten: Das ist wichtig für die Menschen, die hier leben, aber auch für Mainz als liebens- und lebenswerte Stadt insgesamt. Sie stärken auch die Funktion der Landeshauptstadt als kulturelles Oberzentrum der Region.
Doch in vielen deutschen Großstädten sind gerade diese typischen Innenstadtquartiere durch ökonomische Entwicklungen bedroht: Die Eigentümerstruktur verändert sich (Familien verkaufen an Unternehmen), die Funktion der Immobilien verändert sich (neben die Vermietung tritt das Anlageobjekt), die Kaufpreise steigen und dann die Mietpreise. Wer bei dieser Preisspirale nicht mithalten kann oder wer nicht in die Renditeplanung der Investor(inn)en passt, wird verdrängt. Dies betrifft den Wohnraum, aber auch Kulturinitiativen und Kleingewerbe.
Mainz und speziell das Bleichenviertel und das Schlossviertel sind ganz eindeutig davon betroffen. Dies lässt sich durch zahlreiche Beispiele an den Miet- und Kaufpreisen ablesen. Besonders deutlich wird es an der inflationären Entwicklung des Bodenrichtwerts: in sechs Jahren stiegen die Bodenpreise in den beiden Quartieren um mehr als das Vierfache. (Von 2014 auf 2020: von 895 auf 3890 Euro je Quadratmeter; im Süden der Großen Bleiche bereits auf 5555 Euro) Aus sozialen, kulturellen und auch wirtschaftlichen Gründen ist es Aufgabe der Kommunalpolitik, dieser Immobilienblase zu begegnen und vitale Quartiere zu erhalten:

Beschluss
1. Der Ortsbeirat Altstadt empfiehlt daher, Milieuschutzsatzungen für die Quartiere der Altstadt (insbesondere für das Bleichenviertel und das Schlossviertel) zu erlassen. Ziel der Maßnahmen muss sein, dass die Altstadt auch für Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen Heimat bleiben und werden kann. Mithilfe von Milieuschutzsatzungen können Luxussanierungen untersagt, Mietobergrenzen für modernisierte Wohnungen festgelegt und die Umwandlung in Eigentumswohnungen gestoppt werden. Besonders wichtig ist, dass die Stadt hiermit Vorkaufsrechte erhält.
2. Ferner empfiehlt der Ortsbeirat eine Ergänzung des Bebauungsplans A 221 (Bleichen- und Schlossviertel) mit dem Ziel, dass Erdgeschosse und Untergeschosse weiterhin durch Kultur (z. B. Musikclubs, Kinos, Theater, Galerien), Handwerk, Läden und Kreativwirtschaft genutzt werden können und nicht durch renditeträchtigere Nutzungen verdrängt werden. Schon um keine ungesunden Wohnverhältnisse entstehen zu lassen, sollen im dichtbebauten Bleichenviertel (mit z. T. hohem Verkehrsaufkommen) Kulturstätten etc. nicht in Wohnungen umgewandelt werden können. Vor allem soll keine Verdrängung durch Wettbüros, Filialisten, Franchiseunternehmen oder Bürobauten stattfinden. Bei der Gastronomie soll die Vielfalt von Restaurants, Cafés und kulturellen Einrichtungen gestärkt und eine einseitige Häufung von Spielotheken, Wettbüros und Shishabars vermieden werden.

Begründung
Zu 1: Damit bekräftigen wir den einstimmigen Beschluss des Ortsbeirats Altstadt vom 3. April 2019 „Schutz für Mieterinnen und Mieter: Milieuschutzsatzungen für die Altstadt“ (0586/2019 SPD) sowie den Beschluss vom 1. Juli 2015 „Milieuschutzsatzung“ (1118/2015 Grüne, SPD).
Zu 2: Da im letzten Krieg ein Teil der Wohngebäude total zerstört wurde und der Wiederaufbau zu Problemen mit den inzwischen geltenden Gesetzen führten, wurde das stadträumliche Konzept mit den Bebauungsplänen „Bleichenviertel, A 221, Teil I bis VII“ geklärt. Sie wurden 1988 rechtsverbindlich. Als ein Strukturwandel durch ein vermehrtes Ansiedeln von Videotheken im Bleichenviertel drohte, wurden 1990 die baurechtlichen Festsetzungen ergänzt und durch den Bebauungsplan A 239 Videotheken verboten. Die zwischenzeitlichen Entwicklungen im Bleichenviertel machen nun eine weitere schützende Maßnahme notwendig, insbesondere damit das für die Stadt Mainz wichtige kulturelle Angebot, das sich im Bleichenviertel angesiedelt hat, bestehen bleibt und sich weiter entwickeln kann.

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